Hauptstadt Deutschlands ist Berlin nicht allein im politischen Kontext. Auch als kulturelle Hauptstadt der Republik darf man die Metropole getrost ansehen. Das gilt in jedem Fall dann, wenn man auch Clubs und Kneipen zum Bereich des kulturellen Lebens zählt. Doch der Party-Hauptstadt droht durch die Auswirkungen der Corona-Krise besonderes Ungemach. Viele Betreiber von Bars und Kneipen sowie Veranstalter von Partys und Events stehen vor dem finanziellen Aus, da gerade diese Locations besonders früh und besonders lange geschlossen wurden und es teilweise immer noch sind. Doch wie auch in anderen Branchen sind auch für diesen Bereich des öffentlichen Lebens Hilfen unterwegs. Reichen diese aus?
Offener Brief an den Senat
Auf diese Frage hat nun ein Zusammenschluss von Musikern, DJs, Messeveranstaltern und Club- und Festivalbetreibern unter Beteiligung von Hoteliers und Gastwirten mit einem offenen Brief an den Berliner Senat reagiert. Darin geht es den so Gebeutelten erst einmal nicht um konkrete monetäre Unterstützung. Vielmehr erheben sie Forderungen, die über die Zeit von Corona hinausgehen. Dabei wünschen sie sich einen komplett anderen Umgang mit den Ausprägungen des urbanen Lebens, in welchem sie ihr Auskommen bestreiten.
So soll nach Wunsch von Szenegrößen wie Sternekoch Tim Raue, von Kultgastwirt Yoram Roth oder des Clubs „Watergate“ gleich eine ganze Reihe von Maßnahmen dafür sorgen, dass ihre Betriebe wieder florieren. Die Umsatzsteuer solle in ihren Branchen auf sieben Prozent gesenkt werden, die Gewerbesteuer halbiert werden. Dazu solle Gastronomie im Außenbereich wieder bis zwei Uhr in der Nacht möglich sein und Kneipen und andere Gastronomiebetriebe auch Teile des öffentlichen Raums in ihr Angebot miteinbeziehen dürfen, sprich: umgebende Straßen und Plätze sollen von ihnen mitbewirtet werden dürfen. Dazu sollen leichter Ausnahmen vom Lärmschutz gemacht werden können. Auch wünscht man sich die Freigabe von Grünflächen und Freibädern für kulturelle Veranstaltungen zu bestimmten Zeiten.
Gäste bleiben trotz Wiederöffnung fern
Wie der Senat auf diese Forderungen reagiert hat, wurde bislang nicht öffentlich bekannt. Klar ist aber, dass diese Anliegen eine hohe Dringlichkeit für die Kultur- und Gastronomietreibenden besitzen. Zwar existieren wie überall in Deutschland auch für dieses Metier Sofort- und Überbrückungshilfen. Diese können aber nur den Beginn eines wie bereits skizziert anderen Umgangs mit dieser Branche bedeuten.
Denn selbst, wenn inzwischen viele Theater und Kinos, Restaurants und Kneipen wieder öffnen dürfen, hat sich ihre Lage kaum erholt. Ihre Fixkosten sind schließlich dieselben geblieben. Die Zahl der zugelassenen Besucher und Gäste aber ist stark reduziert. Und selbst diese Grenze von meist unter der Hälfte der früher erlaubten Gäste wird oft gar nicht mehr erreicht, da viele Menschen aufgrund der immer noch existierenden Ansteckungsgefahr Ansammlungen – insbesondere in geschlossenen Räumen – bewusst meiden.
Zuvor hatten schon viele Kultureinrichtungen, wie auch Museen, in einer „Night of Light“ ihre Gebäude für eine Nacht rot angestrahlt, um auf ihre missliche Lage aufmerksam zu machen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters verwies auf ein Konjunkturprogramm in Höhe von 150 Millionen Euro, das unter dem Namen „Neustart Kultur“ viele in der Musikbranche Tätige entlasten sollte. Ob nun Clubbetreiber, Musiker selbst oder auch Techniker wie Beleuchter und Soundmixer, die bei Konzerten tätig werden, sie alle sollen damit durch die härteste Zeit der Einschränkungen kommen.
Bund verweist an nötige Mithilfe der Länder
Doch viele in der Branche, nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland, empfinden diese Maßnahme als Tropfen auf den heißen Stein. Ein Ende der Pandemie und damit eingeschränkten Kulturbetriebs ist schließlich nicht absehbar – auch, wenn ein Impfstoff irgendwann im nächsten Jahr verfügbar sein könnte. Dennoch wurde der „Neustart Kultur“ grundsätzlich begrüßt, immerhin werde man als nicht nur inhaltlich wertvolle Branche, sondern auch als touristischer und damit wirtschaftlicher Faktor für die jeweiligen Standorte wahrgenommen.
Dennoch verlangt man nun nach weiteren Schritten und Maßnahmen, was in Berlin bereits zum eingangs erwähnten, in einem offenen Brief kommunizierten Forderungskatalog führte. Seitens des Bundes verwies Kulturstaatsministerin Monika Grütters darauf, dass sich neben dem Bund auch die Länder an der Rettung der Kulturbetriebe beteiligen müssten. Inwieweit dies nun auf Gegenliebe im Berliner Senat stoßen wird, bleibt abzuwarten. Eines ist in jedem Fall klar, für Berlin und anderswo: Die Kulturszene wird nicht mehr dieselbe sein wie in den Zeiten vor Corona. Trotz aller Förderungen bedeuten die Einschränkungen bereits jetzt für viele Bars, Kneipen und Kinos das Aus – und mit ihnen für viele weitere Kulturbetriebe und vor allem Kulturschaffende.
Carla Bergmann arbeitet für die berlinerumschau.com als freie Redakteurin und prüft alle Beiträge vor ihrer Veröffentlichung eingehend auf Herz und Niere. Sie ist zudem selbst freie Autorin und zudem passionierte Wahlberlinerin. Sie schreibt über Dies und Das, aber am liebsten schreibt sie über Berlin – ihre heimliche Liebe.