Jede Beziehung lebt von ihren guten und schlechten Tagen. In jedem Leben eines Paares tragen solche Momente ganz zur Entwicklung bei und gehören zur Normalität. Aber wo Menschen in Beziehung zueinander stehen, kann es zu Konflikten kommen. Dabei können sich Dynamiken einschleifen, die dazu führen, dass individuelle Bedürfnisse auf der Strecke bleiben und Paare sich auseinanderleben.

Eine Paartherapie hilft Paaren dabei diese Dynamiken besser zu verstehen, vieles nicht länger persönlich zu nehmen und damit das  Tor zu einem erfüllten und intimen Zusammenleben zu öffnen. 

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Gastautor Dr. Ralph Piotrowski hat langjährige Erfahrung als Paartherapeut und ist psychotherapeutischer Heilpraktiker und Mediator bei Konflikten. Für Berlinerumschau.com beantwortet er die Frage, was bei einer Paartherapie eigentlich passiert.

Gastautor Dr. phil. Ralph Piotrowski

Für wen lohnt sich eine Paartherapie?

Paarbeziehungen können unterschiedlicher nicht sein. Die Anlässe für eine Paartherapie sind ebenso verschieden wie die Hintergrundgeschichte der Paare selbst. Damit verläuft auch eine Paartherapie für jedes Paar ganz individuell ab.

Somit gestaltet sich eine Paartherapie bzw. Paarberatung ganz nach den Wünschen und Themen, die beidseitig oder von einem Teil des Paares als Problem betrachtet werden. 

Themen die häufig während der Paartherapie behandelt werden, sind: 

  • Vertrauensverlust, Außenbeziehungen, Misstrauen und Eifersucht
  • Nähe und Distanz
  • Liebe, Sexualität und Zärtlichkeit
  • Kommunikationsprobleme, eingefahrene Streitmuster
  • Trennungsabsichten
  • Machtstrukturen in der Beziehung
  • Monogame oder offene Beziehung
  • Kinderwunsch und Familienplanung
  • Krisen nach Kinderzuwachs & unterschiedliche Auffassungen in Erziehung
  • Rollenkonflikte bei Eltern in Patchwork-Konstellationen
  • Schuldzuweisung und Rückzug
  • in der Kindheit entwickelte Verhaltensmuster, die in der Beziehung ihre Wirkung tun
  • belastende Beziehungen zu Eltern oder Schwiegereltern
  • Paarbeziehung, Job und Familie in Balance
  • veränderte Lebenssituationen, berufliche Belastung
  • Stärken und Schwächen der Beziehung
  • Zweifel am Fortbestehen der aktuellen Beziehung

Was ist Ihr Ansatz in der Paartherapie?

Mein Ansatz kombiniert die Herangehensweise verschiedener Schulen und basiert auf der personenzentrierten Psychotherapie und der Emotionsfokussierten Paartherapie (EFT).

Die Emotionsfokussierte Therapie basiert darauf, die eigenen Emotionen zu erkennen, einzuordnen und verändern zu können.

Die Paartherapie selbst gliedert sich grob in drei Phasen:

  1. Kennenlernen
  2. Intensivphase
  3. Konsolidierungsphase

Ziel ist es, den Paaren zu ermöglichen über ihre Beziehung und Beziehungsdynamik zu reflektieren. Als Paartherapeut kann ich durch diese Struktur schnell wichtige Rahmenbedingungen ihrer Beziehung erfassen.

Durch die moderierte Rahmenbedingung führen Paare neutralere Gespräche, als es ihnen aus der Krisensituation heraus möglich ist. Somit unterstützt die Paartherapie dabei, alltägliche Probleme zu erkennen und wieder mit Vertrauen in die Zukunft zu blicken. 

Welche langfristigen Ziele verfolgt eine Paartherapie?

Die langfristigen Ziele einer Paartherapie sind in erster Linie die Sicherheit darüber zu erlangen, welche Zukunft sich die Paare in ihrer Ehe oder ihrer Beziehung wünschen. Dafür ist es wichtig, Gefühle offen zu kommunizieren und Konflikte sachlich anzusprechen und zu lösen.

Hierzu gehört auch eine bessere Konfliktbewältigung in schwierigen Situationen, bspw. mit schweren Schicksalsschlägen im Leben zurecht zu kommen. Es ist außerdem hilfreich, Veränderungen bewusst durch Eigeninitiative herbeizuführen.

Wie sind Beziehungen in der Corona-Krise betroffen?

Insgesamt ist meine Erfahrung, dass die Corona-Situation keine neuen Probleme in den Grundthemen erschafft. Stattdessen agiert die aktuelle Krise wie ein Brennglas, dass die vorhanden Themen stärker in den Vordergrund rückt und damit verschärft. 

Das kann sich negativ auf eine Beziehung auswirken, aber für viele Paare ist es gleichzeitig auch eine Chance. 

Es gibt Paare, die existentiell nicht bedroht sind, für die sich lediglich die Regeln und Planung im Alltag verändern. Andere Paare widerum sind sehr starken Stresssituationen ausgesetzt, in der sehr schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen. Hierzu gehören Menschen, die selber gesundheitlich betroffen sind oder für die plötzliche Existenzängste zu einem aktuellen Thema geworden sind.

Weitere Tipps für Paare in Krisensituationen, finden Sie in meinem Videointerview für den Corona Kongress.

Corona-Kongress: WIe als Paar in Krisensituationen verhalten?

Die meisten Klienten*innen, die ich berate, sind Familien, die von zuhause arbeiten, oder bei denen das Unternehmen umfängliche Änderungen hinnehmen musste, wodurch sich der Alltag stark verändert hat.

Daraus ergeben sich meist folgenden Fragen:

  • Wie sorgen wir für unsere Kinder?
  • Wie ist unsere Familie betroffen?
  • Welche Änderungen ergeben sich in unserem Zusammenleben?

Und je nachdem, in welcher Situation sich ein Paar befindet, ist durch die Corona-Situation die Grunddynamik innerhalb einer Beziehung verstärkt. Manche Paare entwickeln sich gemeinsam weiter. Diese erfahren die momentane Zeit als positiv, weil sie in ihrer Beziehung öfter reflektieren können, mehr Zeit miteinander verbringen, spontane Begegnungen intensiver wahrnehmen und Konflikte gemeinsam lösen.

In Beziehungen, die sowieso Probleme miteinander haben, in denen gegenseitiges Fingerzeigen an der Tagesordnung ist, für die ist die Corona-Pandemie deutlich schwerer.

Welche Lösungsansätze empfehlen Sie Paaren in der aktuellen Krise?

Die Lösung ist es eigentlich, eine Perspektive zu finden und nicht in weitere lähmende Konflikte zu gleiten, sondern zu analysieren, welche Optionen es gibt und welche Ressourcen zur Verfügung stehen.

Der Großteil der Menschen ist sich gar nicht bewusst, welche potentielle Unterstützung und Hilfsmöglichkeiten im Umfeld existieren.

Hilfsmöglichkeiten, die Paare oder Einzelne wahrnehmen können und auch sollten, existieren viele. Gerade in der Coronazeit gibt es sehr viel kostenlose Hilfsangebote und Solidarität unter den Menschen, viel Unterstützung in der Nachbarschaft und im Freundeskreis. Dieses Gefühl von: „Ich stehe alleine da.” zu unterbrechen und zu transformieren in: „Wir sind nicht allein!” – das ist entscheidend.